Die Initiative von Weddinger Bürgerinnen und Bürgern für verantwortungsvollen und kreativen Umgang mit geschichtlichem Erbe im Afrikanischen Viertel - unabhängig, überparteilich, interkulturell.

Namen, Namen Namen....

So berichten die Medien:

- über die von der "Jury" gewünschten Namen für das Afrikanische Viertel,

- über die von der Stadträtin geheim gehaltenen, dann aber durch ein Berliner Leitmedium noch vor ihrem Pressegespräch veröffentlichte Zusammensetzung geheim gehaltenen Namen ihrer Unterstützer.

- über die abenteuerliche Begründung, warum die Leute angeblich beim Namen Petersallee immer an den falschen Peters denken...

 Die Berichterstattung im Einzelnen:

* Der Berliner Kurier weist darauf hin, dass die von der "Jury" ausgewählten Namen ziemlich selten genannt wurden: Dibobe genau einmal, die anderen beiden immer hin doppelt so "oft", nämlich jeweils ganze zwei Mal. Ob die Namen der ebenfalls von Bürger*innen vorgeschlagenen und zweifelsfrei ehrenwerten Namen (Maathai, Makeba, Mandela) mit je 20 -40 Nennungen in Bezug auf die Zahl der Betroffenen/Anwohnenden (ca.3.000) im Vergleich zu den Willensbekundungen gegen eine Umbenennung (1500 Unterschriften) wirklichen Rückhalt haben, ist eine andere Frage, die der Autor aber (noch) nicht aufgreift. Lesen Sie hier.

* Auch in der Berliner Zeitung wird darauf eingegangen. Lesen Sie hier.

* Die Berliner Zeitung nennt das von der Stadträtin betriebene Verfahren skandalös und begründet ausführlich und kenntnisreich, warum diese Zuschreibung nicht übertrieben ist. Lesen Sie hier mehr.

 Screenshot des Artikels in der Berliner Zeitung vom 12.06.2017

* Am selben Tag leugnet der Jury-Vorsitzende, Nzinga sei eine Sklavenhändlerin gewesen. Lese Sie hier und hier.

* Nun schalten sich auch die Herero in die Namensdiskussion ein. Lesen Sie hier und hier.

* Zum wiederholden Male geht Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt in seinem Tagesspiegel-Blog Checkpoint auf das unsäglich Umbenennungs-Verfahren ein; dieses Mal auf den Umstand, dass die Jury sich nicht nur mit ihrer Auswahl blamierte, sondern auch mit ihren Auslassungen. Was er wohl schreiben wird, wenn die zusammen 56 Nennungen für die beiden meistgenannten Umbenennungs-Vorschläge in prozentuale Relation zu den im Bezirksamt vorliegenden 1.500 Unterschriften gegen eine Straßenumbenennung aufgerechnet werden? Lesen Sie mehr:

 

 

Screenshot des Tagesspiegel Checkpoints vom 12.06.2017

* Im Newsletter Tagesspiegel Leute:

Screenshot des Newsletter Tagesspiegel Leute vom 09.06.2017

* Im Tagesspiegel-Blog Checkpoint kümmert man sich ironisch um den rot-rot-grünen Koalitions-Vertrag und die darin aufgezählten Straßen-Umbenennungs-Fälle in Sache "Kolonialismus". Es sind schon ohne die Straßennamen, die sich auf den Kaiser als ehemaligen obersten Kolonialherren des Deutschen Reichs beziehen, reichlich. Da könnte einiges an Bürger*innen-Solidarität aus und in anderen Kiezen entstehen gegen den ideologischen Furor der - jeweiligen lokalen - dritten Garnitur der Umbenennungs-Kommissar*innen:

Screenshot des Tagesspiegel Checkpoints vom 08.06.2017

* Im Tagesspiegel Checkpoint:

Screenshot des Tagesspiegel Checkpoint vom 07.06.2017

* Der Tagesspiegel meldet, dass die Stadträtin nach der Blamage der von ihr zusammengesetzten 'Jury' diese nicht etwa diskret auflösen, sondern nochmals tagen und entscheiden lassen will. Lesen Sie hier.

* Die online Ausgabe der Märkischen Oder Zeitung beschreibt die Grundzüge des Verfahrens als "Posse" und schildert kurz zusammenfassend die Reaktion der Stadträtin auf ihre Blamage, die sich darin treu bleibt das Gegenteil von dem zu behaupten, was sie handelnd zeigt, etwa: "Sie nehme die öffentliche Kritik an ihr ernst". Lesen Sie hier.

* Neues Deutschland berichtet über die misslungene Entscheidung der 'Jury' unter dem Titel: "Ein Vorschlag- nicht zur Güte" und gibt sowohl der Stadträtin als auch den angegriffenen Mitgliedern der 'Jury' ausführlich Gelegenheit, den Schaden zu begrenzen, was diese jedoch in der bekannten ideologischen Selbstgewissheit mit Gegenvorwürfen an alle diejenigen beantworten, die ihre Meinungen nicht teilen. Lesen Sie hier.

* Die Berliner Zeitung kritisiert den Namensvorschlage "Nzinga". Lesen Sie hier.

* Inzwischen nehmen sich auch Edelfedern kommentierend des Themas an. Die besonders absurden Aspekte der Umbenennungspläne und der Vorschläge der so genannten Jury glossiert in gewohnt lesenswertem Stil Harald Martenstein für den Tagesspiegel. Auf einen eigenen Benennungsvorschlag verzichtet er, obwohl er als erfolgreicher Buchautor sicher selbst ausreichend Ideen hätte, oder von anderen zu zitieren wüsste. Sein Zeit-Kollege Axel Hacke zum Beispiel verhalf unter anderem einem gewissen Wumbaba zu erheblicher Prominenz, der aber aus unterschiedlichen Gründen als Namenspatron einer neuen Straße - zum Beispiel im neuen Europa-Viertel nördlich des Hauptbahnhofs - bedauerlicherweise nicht in Frage kommt. Lesen Sie hier.

* Vor dem Pressetermin der Stadträtin und ihres grünen Parteifreunds als Vorsitzenden der "Jury" veröffentlichte Tagesspiegel Checkpoint unbekannte Informationen und bereitete der Geheimniskrämerei der Stadträtin ein vorläufiges Ende:

Screenshot des Tagesspiegel Checkpoint vom 31.5.2017

* Der WELT-Kommentar kritisiert die Auswahl der Jurymitglieder sowie das Verfahren an sich, das die Bewohner bevormunde und damit selbst klassisch kolonialistisch daherkomme. Lesen Sie hier.

 Screenshot des o.g. Welt-Artikel

* Die angesehene überregionale 'Süddeutsche Zeitung' (SZ) gibt ihren Leser*in en zunächst einen Rück-und Überblick über die Berliner Diskussion um Straßennamen mit kolonialem Bezug und stellt dann die Grundzüge der Diskussion um das Afrikanische Viertel da. Interessant: Der Umstand, dass der von der SZ genannte Kompromissvorschlag der namensneutralen Umwidmung auf andere Zuschreibungen in der "Jury" gar nicht beraten wurde, verschweigt die Stadträtin in ihrer Reaktion der Redakteurin. Stattdessen weist sie darauf hin, dass neue Namen ja Afrika-Bezug haben sollten. Warum das ein Argument gegen Umwidmung auf die namibische Hafenstadt Lüderitz ist, erläutert sie der SZ leider nicht. Lesen Sie hier.

* Die Taz lässt diejenigen Kritiker an der "Jury“-Blamage zu Wort kommen, die bis dahin eigentlich zu den Unterstützern der Umbenennungsabsicht gehörten. Und apropos Absicht: Der "Taz" nennt die Stadträtin auch die Absicht, zu der sie ihr willkürlich zusammengesetztes Gremium hat tagen lassen: Die "Jury" habe ein Ziel vermitteln sollen. Um eine seriöse Bewertung von Vorschlägen der Bürger*innen ging es ihr also offenbar von Anfang an nicht. Das dürften inzwischen sowieso alle verstanden haben, aber so frank und frei war das zuvor noch nirgends zu lesen. Lesen Sie hier.

* Die Berliner Woche kritisiert die Vorschläge scharf insbesondere die Umbenennung der Petersallee sowie das Prozedere der Namensfindung an sich. Lesen Sie hier.

Screenshot des obigen Berliner Woche-Artikels

* Im Newsletter Tagesspiegel Leute vom 02.06.2017 werden die Namensvorschläge kritisiert:


Screenshot des Tagesspiegel Leute Newsletter

* Die Morgenpost dokumentiert in ihrem  sehr gründlich recherchierten Artikel vom 30. 05. auch den Teil unseres Kompromissvorschlags zu den Straßennamen, der sich auf die Benennung der Wege nach wichtigen afrikanischen Persönlichkeiten der Zeitgeschichte bezieht. Lesen Sie hier.

  

  Screenshot des obigen Morgenpost-Artikels

* In dem gründlich recherchierten B.Z.-Artikel kritisieren die Autoren, dass der BVV-Beschluss noch vor der Abgeordnetenhaus-Wahl 2016 beschlossen wurde und beschreibt u. a. die rechtliche Problematik der Umbenennung der früher dem Kolonialisten Carl Peters benannten, jedoch seit über 30 Jahren dem Andenken von Hans Peters und dessen Engagement gegen die NS-Herrschaft gewidmeten Peters. Lesen Sie hier.

Screenshots des o.g. BZ-Artikels

*  Die Bild-Zeitung präsentiert und zitiert Anwohnende, die sich aus unterschiedlichen Überlegungen dafür aussprechen, die Straßennamen zu behalten. Darunter auch ein Unternehmer mit afrikanischen Hintergrund, der dadurch mit dem Klischee aufräumt, alle schwarzen Berliner seien automatisch auf der Seite der Stadträtin. Lesen Sie hier.


Screenshot des obigen Bild-Artikels

* Der Kommentator der Berliner Zeitung kritisiert in der Ausgabe vom 1.06.2017 die Löschung der Namen von den Straßenschildern, die als 'Stein des Anstoßes' für eine Diskussion über die Brüche unserer Geschichte wichtig seien. Lesen Sie hier.

Screenshot des o.g. Kommentars in der Berliner-Zeitung

* Die Autoren des Berliner Kuriers geben ebenfalls den Anwohnenden eine Stimme, worauf die Stadträtin bisher „verzichtete". Lesen Sie hier.

* Auch der rbb bemerkt inzwischen, dass die Stadträtin und die sie stützende grün-rote Mehrheit in der BVV Mitte sich bisher nicht für die Meinung der Anwohnenden im Afrikanischen Viertel interessiert und holt nach, was die Gralshüter der Bürgerbeteiligung und Transparenz, konsequent vermieden: Sie befragt Bürger*innen im AV. Den Hinweis der Stadträtin, es ginge bei dem Namensvorschlag der Sklavenhandels-Königin gar nicht um den Nachtigalplatz, widerlegt ihr grüner "Jury"-Vorsitzender eindsrücklich und von Fakten unbeeindruckt unter eben jenem Straßenschild. In der Anmoderation zumBeitrag wird zwar noch gesagt, alle seien sich über die Straßenumbenennungeen an sich einig, aber auch das widerlegt der Beitrag dann überdeutlich. Lesen/Sehen Sie hier.

* Nach der zuerst von RBB-online irrtümlich veröffentlichter Darstellung, die Petersallee ehre nach wie vor den auch von uns als für Würdigung mit Straßennamen ungeeignet erachteten Carl Peters ("Hängepeters"), griff die Redaktion RBB-online unseren rasch erfolgten Hinweis ebenso prompt auf und stellte diesen entsprechend ergänzten Kurzbericht ein. Lesen Sie hier.

 

 Screenshot des o.g. RBB online Artikels

* Die Berliner-Zeitung kritisiert außerdem die Absicht, die Petersallee umzubenennen sowie die Auswahl der neuen Namenspatronen, deren Biografien zum Teil fragwürdige Merkmale aufweisen, etwa aktive Ermöglichung von Sklavenhandel. Lesen Sie hier

* Der Tagesspiegel gibt die Aussagen der Stadträtin wieder und erläutert, wer die neuen Namensgeber sind. Lesen Sie hier.

 

Was sonst noch im Netz kursiert:

* Hier können Sie Leserbriefe zum o.g. Kommentar von Martenstein im Tagesspiegel lesen.

* Wie sehr das Verfahren und dessen blamables Auswahlergebnis geeignet ist, Populisten Futter für Polemiken gegen die von Ihnen gescholtenen "etablierten Parteien" zu geben und Steilvorlagen für Politikverdrossenheit zu liefern, zeigen öffentliche Äußerungen von entsprechenden Politiker*innen und Darstellungen in den sie stützenden Publikationen. Der Unterton zeigt: Da sind der Stadträtin welche mächtig dankbar für die Bestätigung all ihrer Klischees über etablierte Politik gegen die Bürger - als effiziente Wahlwerbung. Lesen Sie hier.

* Auch die Cartoonisten entdecken nun die unfreiwilligen Komiker*innen im Umbenennungs-Sandkasten des Afrikanischen Viertels. Man darf gespannt sein, wie lange die R2G-Landesvorstände und deren Direkt-Kandidat*innen für den Bundestagswahlkreis 75 (Berlin-Mitte) ihre lokalen Politik-Darsteller*innen noch gewähren lassen in der sehr effizienten "kontraproduktiven Wahlwerbung". Sehen Sie hier den Comic.

* Auch News-Dienste, die eigentlich andere thematische Schwerpunkte haben, greifen das Thema auf. Telepolis des seit 20 Jahren am Netz befindlichen News-Dienst Heise.de zerpflückt die - wissenschaftlich bereits seit Jahren disqualifizierten - Neigung, nach der Hautfarbe festlegen zu wollen, was historisch an inhumanen Handlungen zu billigen oder anzuprangern sei - und weist auf die Geringschätzung hin, die sich zeigt, wenn bei der Vielfalt der Kulturen und Sprachen des afrikanischen Kontinents von angeblich einheitlichen "afrikanischen Perspektiven" etc. schwadroniert wird, vor denen "Respekt geboten" sei. Lesen Sie hier mehr.

 Screenshot des heise-Artikels vom 10.06.2017

* Nachdem es vor der Tätigkeit der "Jury" der Stadträtin schwierig war, mit anderen Argumenten als denen der Umbennungs-Dogmatiker*innen in der Öffentlichkeit durchzudringen, zeigen Medien und Social Media nun die ganze Palette der Meinungen - und auch Mut, das von der Stadträtin installierte einseitige Kartell der Betroffenheit in Frage zu stellen. Lesen Sie hier mehr.

* Der Autor des Artikels im Weddingweiser kritisiert die Namensvorschläge an sich. Lesen Sie hier.

 

Ausländisches Medien-Echo

Die international angesehene Neue Züricher Zeitung geht auf die Probleme der Stadträtin und ihrer “Jury“ ein, ein komplexes Thema mit einfachen, ideologisch motivierten Maßnahmen abschließen zu wollen - nicht nur ohne, sondern gegen die Bürger. Lesen Sie hier mehr.

Screenshot des NZZ-Artikels vom 12.06.2017

Die internationale Presse fragt... - I.PAV antwortet!

Kürzlich führten wir ein Interview mit "The Guardian". Dieses findet ihr hier.

Um der Freelance-Korrespondentin des "Guardian" bei der Überwindung von Sprachproblemen zu helfen, haben wir der Bitte zugestimmt, kein Live-Interview zu führen, sondern Fragen schriftlich - und damit leichter übersetzbar - zu beantworten und eine autorisierte Fassung unserer Antworten zu "liefern". Da unsere Position nur eine von vielen war, werden im Artikel nur Teile des  Interviews zitiert. Hier für alle Interessierten die Langversion:

Was sind die Ziele, der Gruppe Pro-Afrikanisches Viertel? Wer sind Sie?

Wir sind eine informelle (kein eingetragener Verein oder andere gesetzlich definierte Struktur), überparteiliche Bürgerinitiative. Wir pflegen politische Kontakte zu Parteien und Vereinigungen, die geeignet sind, unser Anliegen einer vorwärts gerichteten, undogmatischen Diskussion über die Zukunft des Afrikanischen Viertels positiv zu begleiten und zu fördern. Die Mitgliedschaft in Parteien, Gewerkschaften oder anderen Vereinigungen ist die Privatangelegenheit unserer Mitstreiter. Wir ermutigen sie aber, unser Anliegen und die Thematik in andere Vereinigungen, in denen engagierte Mitstreiter der I.PAV aktiv sind, an geeigneter Stelle zur Sprache zu bringen.

Wie es für eine Bürgerinitiative - die sich überparteilich, überkonfessionell, interkulturell und Generationen übergreifend begreift und definiert - sein sollte, sind wir Bürgerinnen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Herkunft etc. Uns eint aber im Unterschied zu anderen, die sich lauter und heftiger und leider auch dogmatischer zur Thematik äußern, das Merkmal, im Afrikanischen Viertel ansässig (und oft auch durch die persönliche Biografie verwurzelt) zu sein. Wir sind Anwohner und Gewerbetreibende (Inhaber von Firmen und Geschäften). Berufs-Politiker/innen gehören entsprechend dieser Ausrichtung nicht zu unseren Protagonisten/Aktiven, in der Kommunalpolitik ehrenamtlich (!) aktive Bürgerinnen dagegen schon!

Was ist der Hintergrund der Debatte über die Umbenennung des Afrikanischen Viertel? Was denken Sie über die Argumente, die Straßennamen des Afrikanischen Viertels zu verändern? Und warum?

Das ist eine interessante Frage und nimmt zugleich einige sinnvolle Antworten vorweg. Zunächst: Völlig unstrittig unter allen, die sich engagiert an der Diskussion beteiligen ist, dass heute nicht nur niemand mehr die beiden Kolonialisten Lüderitz und Nachtigal durch Benennung von Straßen und Plätzen ehren würde oder ehren möchte; genauso wenig wie für den bis 1986 mit dem Namen Petersallee geehrten „Hängepeters“: Hier wurde von der SPD damals ein guter und konsensfähiger Kompromiss vorgeschlagen, den wir nun auch für den Nachtigal-Platz und die Lüderitzstraße vorschlagen: Durch Umwidmung des ehrenden Gedenkens und des Straßennamens: für den Nachtigal-Platz auf den Märchensammler und Theologen Johann Nachtigal und für die Lüderitzstraße auf die namibische Hafenstadt, die bis heute den Namen 'Lüderitz' trägt und diesem Namen längst eine neue, der Zukunft zugewandte Bedeutung gegeben hat – ohne dabei die Kolonialgeschichte zu ignorieren. Gerade am Beispiel des Namens Lüderitz denken wir, es ist nicht richtig uns in sozusagen postkolonialer Arroganz erneut besserwisserisch über die Bevölkerung Namibias zu erheben, in der die Diskussion um diesen Namen genau so engagiert geführt wurde und man sich entschieden hat, den touristischen Namen, den sich die Stadt über Jahrzehnte erworben hat, nicht aufs Spiel zu setzen sondern auf die Kraft des neuen postkolonialen Branding zu vertrauen.

Auch sollen im Afrikanischen Viertel ja nach dem Willen der „Umbenenner*innen“ nicht alle Straßen- und Platznamen im Afrikanischen umbenannt werden, sondern -  ideologisiert motiviert -  nur einige. Das ist verwunderlich, denn die Benennungsepoche aller Straßen und Plätze des Afrikanischen Viertels umfasst die Jahrzehnte von 1888 bis 1958 und damit nicht nur deutlich mehr als ein halbes Jahrhundert deutscher Geschichte, sondern vor allem auch kolonialpolitisch eine sehr lange und extrem vielfältige Periode: auf die deutsche Rolle(n) in Afrika bezogen alle Regime und Regierungsformen, vom Kaiserreich über die Weimarer Republik, das Nazi-Regime bis zur heutigen Bundesrepublik: Die ersten Straßen-Benennungen im Afrikanischen Viertel erfolgten Ende des 19. Jahrhunderts, die letzte im Jahr 1958; die erste und bisher letzte Umbenennung - die eigentlich eine Umwidmung war – im Jahr 1986: übrigens auf Initiative der SPD, die jetzt eben diese eigene Umwidmungsinitiative unverständlicherweise in der Sache und politisch diskreditiert. Aus unserer Sicht kommt es drauf an, das Gedenken, die Erinnerung und die heutige Sicht auf das moderne Afrika zu verändern, nicht aber sich mit dem An- und Abschrauben von Straßenschildern eine ideologisierte Debatte abschließen zu wollen, die eigentlich in der breiten Bevölkerung erst noch richtig anfangen muss.

Was für eine Zukunft gibt es für das Afrikanische Viertel? Was für eine Rolle könnte es spielen?

Die I.PAV wünscht sich, dass das Afrikanische Viertel für Berlin, aber gerne auch für Deutschland eine Beispiel gebende und an der Zukunft der interkulturellen Beziehungen zwischen Deutschland (auch als Teil Europas) und Namibia (auch als ermutigender Teil Afrikas) spielen kann. Dafür ist es notwendig eine Konzeption zu entwickeln, die die Vergangenheit nicht verdrängen will, aber auch eine positive Zukunft erschließen will. Deshalb ist weder eine reine 'Kiez'-Diskussion noch eine ideologisierte Polit-Debatte über die Köpfe der dort lebenden Menschen hinweg, wie sie im Moment geführt wird, sinnvoll. Gerade wenn man Berlinerinnen und Berliner, im Afrikanischen Viertel wie im Bezirk Mitte und auch der ganzen Stadt, für Afrika interessieren und für den Abbau negativer oder auch ausschließlich romantisierender Klischees gewinnen möchte, muss man die Menschen einbeziehen und darf ihre Befindlichkeiten nicht geringschätzen oder herabwürdigen. Kindheitserinnerungen sind auch dann schön, wenn sie sich in einer Straße abspielen, die einen kritikwürdigen Namen hat. Das Menschen mit einer Firma ihre Adresse nicht ohne Umzug geändert haben möchten, ist kein Zeichen der Ignoranz oder Geschichtsvergessenheit, sondern eine betriebswirtschaftliche Überlegung, die man aber mit einem wie von der I.PAV vorgeschlagenen Kompromiss der Umwidmung des Gedenkens - unter Beibehaltung der Buchstaben der Straßen- oder Platzbezeichnung - und gleichzeitig offener Haltung gegenüber veränderten Sichtweisen auf Vergangenes in Einklang bringen kann.

Wir wünschen uns für das Afrikanische Viertel eine aktive Rolle in der einer zukunftsorientierten Gestaltung der im Jahre 2000 gegründeten Städtepartnerschaft zwischen den Hauptstädten Windhoek (auch ein kolonial belasteter, gleichwohl in Namibia beibehaltener Städte-Name) und Berlin und haben bereits vorgeschlagen, auch zwischen dem Berliner Bezirk Mitte und einem entsprechenden Stadtteil Windhoeks eine kommunale Twinning-Partnerschaft zu gründen, wie die Berliner Bezirke (darunter auch der Bezirk Mitte von Berlin) sie zu auch zu anderen Hauptstadtbezirken unterhalten.

Es passt zu der Haltung der ideologisch orientierten und dogmatischen „Umbenennungs-Fraktion“, dass sie zu keiner Zeit einen vergleichbaren Vorschlag zum Aufbau heutiger Beziehungen nach Namibia gemacht haben. Das Land Namibia interessiert diese Leute offenbar ebenso wenig wie die Möglichkeit, die Bürger/innen des Afrikanischen Viertels, des Bezirks Mitte von Berlin und der Stadt Berlin für das Land Namibia und den Kontinent Afrika zu interessieren, was wir eben so schade wie unklug finden. Mit der Beschränkung auf die Kolonialgeschichte erweisen sich diese Ideologen als die wirklich Rückwärtsgewandten und Ewig-Gestrigen in der Debatte.

Wie bewegt oder beeinträchtigt dieses Thema, die Bewohner des Afrikanischen Viertels?

Nach unserer Wahrnehmung als Bürgerinitiative haben die Menschen im Afrikanischen Viertel wie im Bezirk ein sehr genaues Gespür dafür, wer mit ihnen eine transparente, ergebnisoffene und sachorientierte Diskussion zum Thema führen will und wer mit vorgefertigten Meinungen, Beschlüssen und Ansichten kommt und primär daran interessiert zu sein scheint, die eigenen Meinungen durchzusetzen, auch um den Preis einer intransparenten, wenig demokratisch geführten oder gar unterdrückten Diskussion. Aus unserer Sicht ist diese Haltung kontrakproduktiv im Sinne einer Akzeptanz der Wünsche nach einer neuen Sichtweise auf den afrikanischen Kontinent, seine Menschen und seine jungen Nationen. Das gewählte Verfahren mit einer geheim gehaltenen Jury, nicht bekannten Entscheidungskriterien und einer vorherigen Aussortierung unliebsamer Vorschläge ist beispiellos und diskreditiert jedes mögliche Ergebnis dieses Verfahrens. Es bestätigt auf ungute Weise die üblen Klischees, die Rechtsradikale und Populisten derzeit über politische Prozesse und Akteure propagieren.

Möchten Sie noch etwas erklären?

Wir verzichten auf weitere Statements und beschränken uns auf ein passendes Zitat des großen britischen Staatsmannes und Literatur-Nobelpreisträgers Sir Winston Churchill (1874-1965): „Wenn die Gegenwart über die Vergangenheit zu Gericht zu sitzen versucht, wird sie die Zukunft verlieren!“

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